Informationen zum Sozialversicherungssystem der Schweiz
Das 3-Säulen-System der Schweiz
In der Schweiz besteht ein engmaschiges Netz von Sozialversicherungen, das den hier lebenden und arbeitenden Menschen und ihren Angehörigen einen weitreichenden Schutz vor Risiken bietet, deren finanzielle Folgen sie nicht allein bewältigen können. Die Altersvorsorge im Schweizer Rentensystem ist auf 3 Säulen aufgebaut:
Säule 1: Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV)
Alle Personen, die in der Schweiz ihren Wohnsitz haben oder dort eine Erwerbstätigkeit ausüben, sind in der AHV sowie in der IV (Invalidenversicherung) Pflichtversichert und müssen Versicherungsbeiträge bezahlen. Die AHV/IV soll den Existenzbedarf – wenigstens zum Teil – im Alter, bei Invalidität und beim Tod des Versorgers decken. Die Beiträge der Arbeitnehmer/innen werden vom Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung abgezogen und zusammen mit dem Betrag des Arbeitgebers an die Ausgleichskasse überwiesen. Wer Beiträge bezahlt oder wer Leistungen bezieht, erhält einen Versicherungsausweis: eine graue Karte, auf der die Versichertennummer eingetragen ist. Aus dem Ausweis können Versicherte anhand der Kassennummer ersehen, welche Ausgleichskasse jeweils zuständig ist. Kontoauszüge können entweder bei der jeweiligen kontoführenden Ausgleichskasse direkt verlangt werden oder irgendeine Ausgleichskasse kann beauftragt werden, sämtliche Kontoauszüge zu beschaffen.
Auskünfte erteilen die AHV-Ausgleichskassen und deren Zweigstellen. Das Verzeichnis aller AHV-Ausgleichskassen können Sie über uns anfordern.
Das Jahreseinkommen, von denen Versicherte Beiträge an die AHV leisten, ist die Grundlage für die spätere Rentenberechnung. In der Regel erfolgt alle 2 Jahre eine Anpassung der Renten an die Lohn und Preisentwicklung.
Die Renten der 1. Säule sind grundsätzlich steuerpflichtig, allerdings nur zu einem bestimmten Steuersatz und mit Freibeträgen.
Die Altersrente beginnt für Männer nach Vollendung des 65., für Frauen zurzeit nach Vollendung des 64. Lebensjahres. Frauen können auch ab dem 62. Lebensjahr in Rente gehen, dies ist allerdings mit einer Rentenkürzung verbunden. Bei einem Vorbezug von einem Jahr wird die Rente für die gesamte Dauer des Rentenbezugs um 6,8 % gekürzt, bei einem Vorbezug von 2 Jahren um 13,6 %.
Säule 2: BVG/KTG/UVG
Berufliche Vorsorge (BVG)
Die berufliche Vorsorge versichert Arbeitnehnmer, die das 17. Lebensjahr (für die Risiken Tod u. Invalidität) bzw. das 24. Lebensjahr (Altersvorsorge) vollendet haben und ein gesetzlich definiertes Mindesteinkommen erzielen.
Die Beiträge sind obligatorisch nur vom Arbeitsentgelt zwischen 22.050 CHF/Jahr und 88.200 CHF/Jahr zu entrichten. Es ist zwischen Beiträgen für die Risikoleistungen bei Tod oder Invalidität und für Altersleistungen zu unterscheiden. Die Beiträge für die Risikoleistung sind abhängig von Alter, Geschlecht und Höhe der Leistung, sowie die Altersstruktur und Insolvenzdeckung der jeweiligen Pensionskasse. Für Altersleistungen 7 % – 18 % gestaffelt nach Altersgruppen – mindestens aber 3.675 CHF/Jahr. Der Arbeitgeber hat mindestens die Hälfte der Beiträge zu übernehmen.
Für die 2. Säule gilt das Kapitaldeckungsverfahren, d.h. die Beiträge werden auf individuellen Konten der Arbeitnehmer gesammelt und mit gesetzlich vorgeschriebenen mindestens 1,00 % (2023) verzinst. Es wird kein Staatszuschuss erbracht.
Männer erhalten nach Vollendung des 65., Frauen z.Zt. nach Vollendung des 64. Lebensjahres eine Altersrente in Höhe von derzeit 6,8 % pro Jahr des angesammelten Altersguthabens einschließlich Zinsen.
Bis spätestens 3 Jahre vor Rentenbeginn kann die Auszahlung des Altersguthabens, anstelle einer Rentenzahlung, beantragt werden. Die Renten der 2. Säule sind im vollen Umfang steuerpflichtig. Die Leistungen der BVG/Pensionskasse ergänzen die Leistungen der AHV/IV im Alter, bei Invalidität und beim Tod des Versorgers.
Neu führt die BVG Revision eine vom Koordinationsabzug verschiedene Eintrittsschwelle ein. Sie beträgt 25.725 CHF. Ab einem AHV-pflichtigen Jahreslohn in dieser Höhe sind Arbeitnehmer/innen obligatorisch in der 2. Säule versichert.
Säule 3a: gebundene Vorsorge und Säule 3b: freie Vorsorge
Die Leistungen aus der 1. und 2. Säule reichen oft nicht aus, um sich im Alter den gewohnten Lebensstandard zu sichern. Die Lücke können Aufenthalter mit Ihrer privaten Vorsorge decken. Die private Vorsorge wird steuerlich gefördert. Es werden 2 Säulen unterschieden:
Gebundene Vorsorge
Die angesparten Mittel aus dieser Versicherung dienen ausschließlich und unwiderruflich der Vorsorge – daher: „gebundene“ Vorsorge. Dieser Teil der privaten Vorsorge wird vom Staat gefördert und bringt die größten steuerlichen Vorteile. Gleichzeitig unterliegt sie klaren gesetzlichen Bedingungen bezüglich Laufzeit, Einzahlungen und Begünstigung.
Im Gegensatz zur freien Vorsorge wird in der gebundenen Vorsorge bei der Auszahlung des Kapitals eine einmalige Steuer erhoben. Der Betrag, der hier pro Jahr maximal investiert werden kann ist im Jahr 2024 : 7.056 CHF.
Freie Vorsorge
Diese Säule ist im Vergleich zur Säule 3 a flexibler. Im weitesten Sinn umfasst sie neben Versicherungspolicen auch das restliche Privatvermögen, welches im Bedarfsfall liquidiert werden kann. Die Erträge sind bei der Auszahlung steuerfrei. Hier gibt es verschiedene Anlagemöglichkeiten.
Analog der 3. Säule in der Schweiz gibt es für Grenzgänger seit 1.8.2011 ebenfalls die Möglichkeit hier eine zusätzliche steuerlich geförderte Vorsorge zu treffen.
Die Unfallversicherung in der Schweiz
Alle Arbeitnehmer, die in der Schweiz beschäftigt sind, sind obligatorisch unfallversichert. Grundsätzlich sind auch arbeitslose Personen obligatorisch versichert. Nicht versichert sind nicht erwerbstätige Personen, wie: Hausfrauen, Kinder, Studenten, Rentner. Versicherungsträger ist i. d. R. die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt SUVA.
Die Beiträge übernimmt der Arbeitgeber.
Nicht–Berufsunfälle (NBUV) werden i.d.R. mitversichert, deren Beiträge gehen zu Lasten der Arbeitnehmer. Einige Arbeitgeber übernehmen diesen Anteil des Arbeitnehmers auf freiwilliger Basis. Der Arbeitgeber zieht den Anteil des Arbeitnehmers von dessen Gehalt ab. (siehe nächste Tabelle).
Die Unfallversicherung leistet bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und bei Berufskrankheiten. Die Leistungen der Unfallversicherung können sein:
- a) Sachleistungen (Pflegeleistungen und Kostenvergütungen)
- b) Geldleistungen (Taggeld, Invalidenrente, Integritätsentschädigung, Hilflosenentschädigung, Hinterlassenenrente)
Nicht-Berufsunfälle
Darunter fallen alle Unfälle, die nicht als Berufsunfälle gelten. Dazu zählen insbesondere Unfälle auf dem Arbeitsweg und Freizeitunfälle, wie z. B. Sportunfälle, Verkehrsunfälle oder Unfälle im Haushalt
In der folgenden Übersicht finden sie die einzelnen Sozialabgaben mit dem jeweiligen Beitragsanteil des Arbeitnehmers:
Abgabeart | Grundlage für Berechnung | Anteil Arbeitnehmer |
---|---|---|
Alters- und Hinterlassenen-Versicherung (AHV) | Monatslohn + sonstige Lohnbestandteile (z.B. Schichtzulagen, Grati- fikationen usw.) | 5,3% |
Personalvorsorge gem. BVG (Pensionskasse) | Versicherter Jahreslohn Beitragspflicht ab 22.050 CHF bis max. 88.200 CHF/Jahr Beitragssatz ist altersabhängig | 3,50 % 25-34 Jahre
5,00 % 35-44 Jahre 7,50 % 45-54 Jahre 9,00 % 55-64/65 Jahre |
Berufsunfallversicherung (z. B. SUVA) | bis höchstens 148.200 CHF Jahreslohn | nur Arbeitgeber |
Nicht-berufsunfallversicherung (NBUV) | Monatslohn + sonstige Lohnbestandteile (s.o.) | 1,086 % – 3,15 %
( je nach Beruf ) |
Arbeitslosenversicherung (ALV) | Monatslohn + sonstige Lohnbestandteile (s.o.) bis 148.200 CHF Jahreslohn | 1,1 %
0,5 % |
Lohnfortzahlung bei Krankheit in der Schweiz
In der Schweiz besteht für den Arbeitgeber keine gesetzliche Pflicht zur 6-wöchigen Lohnfortzahlung bei Krankheit, wie Sie dies von Deutschland her kennen. Vielmehr gilt folgende Regelung: Sofern nichts anderes vereinbart wurde, besteht während der ersten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses keine Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit gegenüber dem Arbeitnehmer. Im Gegensatz zur 6-wöchigen Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers in Deutschland und anschließender Krankentagegeldleistung durch Ihre Krankenkasse, wird in der Schweiz durch Ihren Arbeitgeber während der so genannten beschränkten Zeit der Lohn wie folgt gezahlt:
Betriebszugehörigkeit | Dauer |
Im ersten Anstellungsjahr (ab dem 4, Anstellungsmonat) | Mindestens 3 Wochen |
Im zweiten Anstellungsjahr | Mindestens 4 Wochen |
Im dritten Anstellungsjahr | 9 Wochen |
Im vierten Anstellungsjahr | Weitere Verlängerung bis max. 31 Wochen |
Neben dieser aufgezeigten gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht bestehen aber auch teilweise weitergehende Regelungen aufgrund eines Gesamtarbeitsvertrages oder firmeninterner Abkommen.
So ist i.d.R. der verbleibende Lohnausfall wegen Krankheit von Ihrem Arbeitgeber durch eine Krankentagegeldversicherung versichert. Hier schließt der Arbeitgeber mit einer Schweizer Krankenversicherung einen Vertrag im Rahmen eines speziellen Kollektivvertrages ab.
Diese Lohnfortzahlung beinhaltet dann meist 80–100 % Ihres Lohnes für bis zu 2 Jahre Ihrer Arbeitsunfähigkeit. Der Beitrag liegt dann für den Arbeitnehmer i.d.R. bei 1 % seines Bruttoeinkommens. Manchmal übernimmt auch der Arbeitgeber die Beiträge.
Sie sollten unbedingt mit Ihrem Arbeitgeber klären bzw. im Arbeitsvertrag überprüfen, ob eine solche Regelung besteht. Wenn nicht, empfehlen wir den Abschluss einer privaten Tagegeldversicherung in Deutschland, damit Sie im Krankheitsfall keine finanziellen Einbußen haben.
Die Mutterschaftsversicherung in der Schweiz
Alle angestellten und selbständig erwerbenden Frauen haben Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung, auch Frauen, die gegen einen Barlohn im Betrieb ihres Ehemannes mitarbeiten.
Der höchst versicherbare Jahreslohn für die Mutterschaftsentschädigung beträgt im Monat 8.250 CHF (220,00 CHF/Tag).
Die Mutterschaftsentschädigung wird während 14 Wochen nach Geburt als Taggeld ausbezahlt. Sie beträgt 80 % des vor der Niederkunft erzielten durchschnittlichen Einkommens (höchstens 220,00 CHF/ Tag).
Für den Adoptionsurlaub ist derzeit durch die schweizerische Gesetzgebung keine besondere Bestimmung vorgesehen. Einige Ausnahmen machen der Kanton Genf, einige kantonale und kommunale Regelungen und gewisse Gesamtarbeitsverträge. Bitte informieren Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Gewerkschaft.
Weitere Informationen erhalten Sie beim Bundesamt für Sozialversicherung: www.bsv.admin.ch
Die Vaterschaftsentschädigung/Vaterschaftsurlaub in der Schweiz
Am 1. Januar 2021 trat die Vorlage für einen bezahlten Vaterschaftsurlaub in Kraft.
Alle erwerbstätigen Väter haben für die ersten 6 Monate nach Geburt des Kindes Anspruch auf 2 Wochen Vaterschaftsurlaub. Als Entschädigung für den Verdienstausfall erhalten Sie 80 % des durchschnittlichen AHV-Einkommens vor der Geburt, höchstens 220,00 CHF/Tag.
Um ein Anrecht auf die Vaterschaftsentschädigung zu haben, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Weitere Informationen erhalten Sie beim Bundesamt für Sozialversicherung: www.bsv.admin.ch
Die Familienzulagen in der Schweiz
Seit dem 1. Januar 2009 ist das Bundesgesetz über die Familienzulagen (FamZG) in Kraft.
Die Familienzulagen sollen die Kosten, die den Eltern durch den Unterhalt ihrer Kinder entstehen, teilweise ausgleichen. Sie umfassen Kinder- und Ausbildungszulagen sowie die von einzelnen Kantonen eingeführten Geburts- und Adoptionszulagen.Nach dem neuen Familienzulagengesetz haben alle Arbeitnehmenden, die Nichterwerbstätigen mit bescheidenem Einkommen und je nach Kanton auch die Selbständigwerbenden in allen Kantonen Anspruch auf:
- Kinderzulage: Die Höhe der Kinderzulage ist kantonal unterschiedlich. Durchschnittlich liegt diese bei 200 Franken im Monat für jedes Kind, vom Geburtsmonat bis zum Monat, in dem das 16. Altersjahr vollendet wird. Für Kinder, die wegen eine Krankheit oder einer Behinderung erwerbsunfähig sind, wird die Kinderzulage bis zum Monat, in dem das 20. Altersjahr vollendet wird, ausgerichtet.
- Ausbildungszulage: Die Höhe der Ausbildungszulage ist kantonal unterschiedlich. Durchschnittlich liegt diese bei 250 Franken im Monat für jedes Kind nach dem 16. Altersjahr bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens jedoch bis zum Monat, in dem das 25. Altersjahr vollendet wird.
Keiner der Kantone mit höheren Beträgen hat seine Zulagen auf die neuen bundesrechtlichen Mindestleistungen herabgesetzt.Selbstständig Erwerbende haben seit 2013 auch Anspruch auf Familienzulage und die Nichterwerbstätigen mit bescheidenem Einkommen auch. Erwerbstätige haben in dem Staat Anspruch auf Zulagen, in welchem sie erwerbstätig sind und zwar auch dann, wenn die Kinder oder sie selbst in einem anderen Land wohnen (z.B. Grenzgänger oder Personen mit Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen). Einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind z.B. Teilzeitbeschäftigungen, IV-Tagegelder, Arbeitslosenentschädigungen und bezahlter Urlaub. Für die Landwirtschaft gilt eine Sonderregelung.
Weitere Informationen beim Bundesamt für Sozialversicherung: www.ahv-iv.ch/de/Sozialversicherungen/Familienzulagen-FZ